Alte Gemäuer erzählen Geschichten – von vergangenen Zeiten, gelebten Traditionen und handwerklicher Kunst. Doch was passiert, wenn ein jahrhundertealtes Speichergebäude mit Remise nicht nur erhalten, sondern in ein modernes, energieeffizientes Zuhause verwandelt werden soll?

Genau diese Herausforderung haben wir angenommen. Unser Ziel: den einzigartigen Charme des Bestands zu bewahren, während wir mit ökologischen Materialien, durchdachten Techniken und einem Gespür für Ästhetik eine neue Wohnqualität schaffen. Wie es uns gelungen ist, Altes und Neues harmonisch zu vereinen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Ausgangssituation zu Beginn der Modernisierung

Die am Rande Münsters gelegene Hofstelle mit einem dreistöckigen Speichergebäude und einer nebenstehenden Remise bildet den Ausgangspunkt.

Das Speichergebäude wurde bereits teilweise zum Wohnen genutzt, aber die Remise war noch völlig unerschlossen. Der Denkmalschutz hat den Gebäudekomplex als prägend für die umliegende Kulturlandschaft eingestuft mit einem hohen Erhaltungswert.

Großer entkernter Raum im Speichergebäude vor der energetischen Sanierung
Zu Beginn unserer Arbeiten wurde der Speicher entkernt, wobei sämtliche alte Holzbalken sowie Holzbalkendecken erhalten blieben und teilweise ergänzt wurden. Die Grundmauern wurden Stück für Stück von Hand zurückgebaut, fachgerecht abgedichtet und erneuert. Die darüber bestehende Wandkonstruktion einschließlich der erhaltenswerten äußeren Struktur der Klinker, Fensterbänke etc. wurde vollständig erhalten. Fenster wurden neue gesetzt. Der Betonboden im Erdgeschoss wurde mit Estrich und anschließend mit Echtholzparkett belegt.

Die Remise hingegen sollte zum ersten Mal als Wohnraum genutzt werden: Alle Seiten wurden geschlossen und teilweise mit Dämmsteinen neu aufgebaut. Ein neuer Anbau, der Speicher und Remise zu einer wohnlichen Einheit verschmelzen lässt, erzeugt einen nahtlosen Übergang zwischen den beiden Gebäuden.

Trotz Modernisierung sollte der optische Anspruch des gesamten Bauwerks bewahrt werden – eine Symbiose aus Tradition und moderner Wohnkultur.

Wärmedämmung von Innen

Die äußere Gebäudehülle des Speichers sollte bestehen bleiben, daher kam eine Dämmung im WDVS nicht in Frage. Trotzdem war es den Bauherren aus ökologischer Sicht wichtig, das Gebäude auch energetisch aufzuwerten und eine Dämmung anzubringen.

Also haben wir entschieden, eine Innendämmung aus Multipor anzubringen. Das Multipor Innendämmsystem ist diffusionsoffen und kapillaraktiv. Die Mineraldämmplatten bestehen aus ökologischen Rohstoffen und sind eine gute Grundlage für die nachfolgende Putzschicht aus Lehmputz.

Unsere Maler:innen brachten an alle Außenwände des dreigeschossigen Speichers die Innendämmung an.

Aufbau einer Innendämmung aus Multipor Dämmplatten
Pakete mit Multipor Dämmplatten zur Innendämmung
Innendämmung aus Multipor Dämmplatten

Lehmputz für ein natürliches Raumklima

Die größte Herausforderung bei diesem Projekt war zweifellos die Arbeit mit Lehmputz, der als abschließende Oberfläche für die Innenräume dienen sollte.

Lehmputz ist diffusionsoffen und schafft ein natürliches und gesundes Raumklima. Als umweltfreundlicher Naturbaustoff besteht er aus biologisch abbaubaren Stoffen ohne künstliche Zusatzstoffe und ist vollständig kompostierbar.

Die gesamten Wandflächen, sowohl im Speicher als auch der Remise, wurden mit dem Lehmfeinputz Duro von Tierrfino bearbeitet, der perfekt zur ökologischen Vision der Bauherren passte.

Anders als bei herkömmlichen Putzarbeiten erfordert der Umgang mit Lehm ein enormes Feingefühl und handwerkliche Präzision.

Im ersten Schritt haben wir die Innendämmung mit Gewebeeinlage armiert, um die Bildung von Setzrissen zu vermeiden. Anschließend wurde der Lehmputz in zwei Schichten aufgezogen.

Moderne Techniken wie Schleifmaschinen kamen hier nicht zum Einsatz – stattdessen wurde der Lehm sorgfältig von Hand geglättet, was unsere Maler:innen mit einem nostalgischen Lächeln als ‚Arbeiten wie vor 20 Jahren‘ beschrieben.

Diese traditionelle Arbeitsweise verlangte nicht nur Geduld, sondern auch ein tiefes Verständnis für das Material, um das gewünschte natürliche, weiche Finish zu erreichen. Gerade deswegen war es für unsere Maler:innen unglaublich erfüllend, das Resultat schließlich vor Augen zu haben.

Detailansicht Lehmputz an einem Treppenaufgang
Blick in den Wohnraum mit Lehmputzwänden und einer Holzbalkendecke
Detailansicht Lehmputz

Malerarbeiten

Sämtliche Deckenflächen waren im Trockenbau vorbereitet. Unsere Maler:innen spachtelten alle Flächen auf der dritten Qualitätsstufe (Q3). Anschließend haben wir diese geschliffen, grundiert und mit Vlies beklebt.

Die Farbgebung sollte entsprechend dem Charakter des Hauses Ruhe ausstrahlen, daher wurden alle Decken in dem Farbton Verkehrsweiß gestrichen. Die Farbe VitaSense von Brillux ist eine konservierungsmittelfreie, nachhaltige, hochdeckende Innendispersion, die dem Wunsch der Bauherren nach ökologischen Materialien gerecht wird.

Akustikdecke in modernem Wohnraum

Der größte und wahrscheinlich lebhafteste Raum würde die Küche in dem Teil der Remise werden, der an den Speicher anschließt. Daher lautete unsere Empfehlung, hier eine Akustikdecke einzusetzen. Eine angepasste Raumakustik schafft Ruhe und eine behagliche Umgebung, welches den Wunsch der Auftraggeber unterstützt.

Das System StoSilent verringert die akustische Nachhallzeit und sorgt so für eine angenehme Raumakustik trotz harter und glatter Oberflächen (glatter Spachtelboden, keine Vorhänge und Teppiche).

Im ersten Schritt wurden die Sto Akustikplatten an den vorhandenen Trockenbau geklebt und die Fugen verspachtelt. Anschließend haben wir den Akustikputz in zwei Arbeitsgängen als Zwischen- und Endbeschichtung aufgebracht. Die feinstrukturierte Oberfläche lässt optisch keinen Unterschied zu einer „normalen“ Decke erkennen.

Blick auf die Akustikdecke in der großen Küche

Fugenlose Böden von Frescolori

Durch eine Trennung der Bodenbeschaffenheiten zwischen dem alten Speicher und der Remise sollte einerseits eine optische Trennung der beiden Flächen erzeugt werden, andererseits der Übergang zur Remise geschaffen werden. Daher fiel die Wahl hier auf einen Spachtelboden von Frescolori.

Der Farbton wurde den jeweiligen Räumlichkeiten angepasst. Für die große Bodenfläche im Erdgeschoss wurde in Zusammenarbeit mit Frescolori ein Boden nach den individuellen Wünschen der Bauherren zusammengestellt: Der Farbton ist Kieferngrün mit der Zulage von Dekorchips – das bedeutet, dass kleine metallisch glänzende Kunststoffplättchen der Masse zugemischt werden. Diese werden durch den Schleifgang wieder offengelegt und sorgen am Ende für einen leichten Schimmer und eine besondere Optik.

Durch die Farbgebung und die grobe Struktur soll der Charakter der ehemaligen Werkstattfläche aufgegriffen werden. Der Küchenblock in Form einer Werkbank unterstreicht diesen Charakter.

Für die Bodenflächen in den drei Badezimmern sollte ebenfalls ein fugenloser Boden gewählt werden. Mithilfe von Mustertafeln und in Zusammenarbeit mit Frescolori haben wir gemeinsam mit den Bauherren den Spachtelboden Maranzo ausgewählt.

Durch die glatte Oberfläche und das natürliche Material aus Marmormehl wird ein weicher Übergang zu dem angrenzenden Holzfußboden im Speicher geschaffen. Das Material ist sehr gut geeignet für Nassbereiche wie das Badezimmer – es kann Feuchtigkeit aufnehmen und reguliert wieder abgeben und unterstützt so ein gesundes Raumklima.

Detailansicht eines Spachtelbodens eingefärbt in Kieferngrün
Badezimmer mit fugenlosem Fußboden und blauen Feinsteinzeug Fliesen
Detailansicht eines fugenlosen Bodens im Badezimmer mit Übergang zum Parkettfußboden

Das wichtigste zum Thema fugenloser Boden erfahren Sie in unserem Artikel „Fugenloser Boden – außergewöhnliche Ausstrahlung für Ihr Zuhause“.

Außenputz mit Besenstrich-Optik

Die Außenwände der Remise sollten rundum neu geputzt werden.
Vorgabe des Denkmalschutzes war es, dass kein Silikonputz genutzt werden sollte. Aber auch aus ökologischer Sicht bietet sich ein Mineralputz hier besser an.

Die Wahl der Bauherren fiel auf die Optik mit Besenstrich. Durch diese Gestaltungsmethode, bei der waagerechte Rillen gewollt unregelmäßig die gesamte Fassade überziehen, wird eine einzigartige Oberflächenstruktur geschaffen.

Abschließend haben wir die Außenflächen zweifach mit Silikat-Fassadenfarbe gestrichen. Als Ausgangsfarbe diente der Farbton der Fenster (Achatgrau), welcher von uns individuell händisch angemischt und aufgehellt wurde. Aus eigens erstellten Farbmustern in mehreren Abstufungen suchten die Bauherren den finalen Farbton aus.

Fassade in Besenstrich Optik

Fazit

Im Laufe des Projekts haben wir maßgebliche Veränderungen vorgenommen, um die Vision der Bauherren, das Alte und Neue harmonisch miteinander zu verbinden, zu verwirklichen. Durch die gezielte Auswahl von Materialien und Techniken gelang es uns, eine energieeffiziente Modernisierung so zu gestalten, dass sie sich nahtlos in die bestehende Gebäudestruktur einfügt.

In diesem Projekt konnten wir viele nicht alltägliche Techniken einsetzen, welche in der Einzelausführung schon etwas Besonderes sind:

    • Die Dämmung mit Multipor im Inneren ermöglichte es, die historische Substanz des Gebäudes zu bewahren, während gleichzeitig ein moderner Energiestandard erreicht wurde.
    • Die umfassende Bearbeitung aller Innenwände mit Lehmputz als besonderes Highlight. Der Einsatz des Lehms verleiht den Räumen nicht nur eine warme, einladende Ausstrahlung, sondern sorgt auch für eine nachhaltige, umweltfreundliche Lösung.
    • Die Ausführung der Sto Akustik Decke in der Küche verbessert die Raumakustik.
    • Der Frescolori Boden in dem Anbau und der Remise mit speziell erarbeiteter Zusammenstellung. Der fugenlose Boden sorgt für eine Trennung der Bodenbeschaffenheiten zwischen der Remise und dem alten Speicher mit Holzparkett.
    • Die Putzfassade mit Besenstrich-Technik erzeugt eine einzigartige Optik.

Aus Sicht eines Malermeisters ist dies ein absolutes Vorzeigeprojekt, welches die Vielfalt, Qualität und Abwechslung unseres Malerhandwerks widerspiegelt.